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Gewerblicher Grundstückshandel: das steuerliche Prüfschema!

Gewerblicher Grundstückshandel: das steuerliche Prüfschema!

13.04.2022. In diesem Beitrag geht es um das komplexe Thema der privaten Veräußerungsgeschäfte sowie einen weit verbreiteten Irrtum bei Immobilieninvestoren. Ich höre immer wieder die Vermutung, dass jeder, der mehr als drei Immobilien innerhalb von 5 Jahren verkauft, automatisch gewerblicher Grundstückshändler werde und er damit seine ganze übrige Investorentätigkeit gewerblich infiziere.

Gleich zu Beginn möchte ich sagen: NEIN, dem ist nicht so.

Wie es wirklich gehandhabt wird, warum und wie die Rechtsfolgen sind, versuche ich nun hier darzustellen.

So gelingt die Abgrenzung 

Wie bereits in einem vorangegangenen Beitrag beschrieben, sind Veräußerungsgewinne von Gegenständen des Privatvermögens grundsätzlich steuerfrei möglich. Bei Immobilien können solche Veräußerungsgewinne sehr lukrativ sein. Immer wenn es die Möglichkeit zu steuerfreien Erträgen gibt, besteht aber auch die Gefahr, dass dies durch die Steuerpflichtigen ausgenutzt wird. Um also solchen Personen, die Immobilien weit überwiegend nur wegen der steuerfreien Wertsteigerungen erwerben, trotzdem zu besteuern, gibt es bei privaten Veräußerungsgeschäften die sog. Spekulationsfristen.

Wann ist ein Immobilienverkauf steuerfrei? 

Für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte gilt eine Frist von 10 Jahren. Nach Ablauf dieser 10 Jahre ist ein Veräußerungsgewinn grundsätzlich steuerfrei. Der Steuergesetzgeber unterstellt damit, dass ein Grundstück, das erst nach 10 Jahren verkauft wird, nicht zu Spekulationszwecken, sondern zur Nutzung und Fruchtziehung – i.d.R. durch Vermietung und Verpachtung – diente. Ein möglicher Veräußerungsgewinn ist somit nicht Haupt- sondern Nebenzweck und unterliegt somit nicht mehr der Steuer.

Nach 10 Jahren Besitzzeit sind sämtliche Verkäufe von Immobilien des Privatvermögens steuerfrei – auch wenn eine Person in einem Jahr 5, 10 oder 50 Objekte verkauft, wichtig ist nur, wie lange er die jeweilige Immobilien hatte.

Für Immobilien im Betriebsvermögen gilt diese Steuerfreiheit nicht. Insofern ist genau zu prüfen, ob wirklich Privatvermögen vorliegt.

Wann ist ein Immobilienverkauf steuerpflichtig? 

Wenn nun eine Immobilie im Privatvermögen nach weniger als 10 Jahren verkauft wird, liegt i.d.R. ein sog. steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Der Veräußerungsgewinn sowie die steuerlich geltend gemachten Abschreibungen werden der Einkommensteuer unterworfen und mit dem sich ergebenden Einkommensteuersatz versteuert.

Veräußerungsgewinn = Verkaufserlös - Anschaffungskosten

Werden Immobilien nur gelegentlich zur Optimierung des Vermietungsbestandes verkauft, bleibt es bei der privaten Nutzung und damit im Rahmen des § 23 EStG bei privaten Veräußerungsgeschäften. Werden aber häufiger in kürzeren Abständen Immobilien erworben und wieder veräußert, so liegt die Vermutung nahe, dass die Tätigkeit die Sphäre privater Veräußerugsgeschäfte überschreitet und tatsächlich ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen könnte.

Da der gewerbliche Grundstückshandel nicht nur zur Steuerpflicht mit der Einkommensteuer führt, sondern i.d.R. auch Gewerbesteuer fällig wird, sollte man die Grenzen und Regeln bezüglich des gewerblichen Grundstückshandels genau kennen.

Gewerblicher Grundstückshandel 

Zunächst möchte ich klar stellen, dass ein gewerblicher Grundstückshändler – also i.d.R. Personen, die eine Fix & Flip Strategie anwenden, mit den Grundstücken, die zum Wiederverkauf erworben werden gewerblich tätig sind. Unabhängig davon kann die gleiche Person aber parallel auch Vermietungsobjekte für eine Buy and Hold Strategie haben.

Ein Nebeneinander von gewerblichem Grundstückshandel, steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäften sowie steuerfreien privaten Veräußerungen ist ohne weiteres möglich und in meiner täglichen Praxis auch gang und gäbe. Die im Steuerrecht bekannte Infektionstheorie greift hier nicht – zumindest solange es sich um natürliche Personen und nicht um Gesellschaften handelt.

Gewerblicher Grundstückshandel liegt entweder dann vor, wenn eine Immobilie von Anfang an zum Wiederverkauf bestimmt war und dieser Wiederverkauf als Hauptzweck des Geschäfts anzusehen ist. Oder wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Zählobjekte (i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels) veräußert wurden.

Worauf Sie achten sollten 

Wichtig ist hier der Begriff „Zählobjekt“, den wir zunächst definieren müssen. Ein Zählobjekt im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels liegt dann vor, wenn ein Objekt innerhalb von 5 Jahren erworben und wieder veräußert wurde. Dabei ist beispielsweise ein ungeteiltes Mehrfamilienhaus ein Objekt, aber auch eine Eigentumswohnung ist ein Objekt.

Immer zurückgerechnet vom letzten Zählobjekt ist 5 Jahre in die Vergangenheit zu blicken und nachzurechnen, ob ggf. mehr als drei Zählobjekte vorliegen. Ist das der Fall, werden rückwirkend ab dem ersten Zählobjekt auch die älteren Zählobjekte der Gewerbesteuer unterworfen.

Worauf es bei der Besteuerung ankommt 

Um der Gewerbesteuer gleich den Schrecken zu nehmen: Neben einem Gewerbesteuerfreibetrag in Höhe von 24.500 Euro wird die bezahlte Gewerbesteuer bis zum Hebesatz von 380 % auf die Einkommensteuer angerechnet. Es gilt der Hebesatz der Gemeinde, in der der gewerbliche Grundstückshändler seine Verwaltung hat (i.d.R. sein Hauptwohnsitz) und nicht der Hebesatz der Gemeinde in dem sich das Grundstück befindet.

Beispiel:

Ich wohne z.B. in Neumarkt in der Oberpfalz.

Hier gilt ein Gewerbesteuerhebesatz in Höhe von 315 %. D.h. selbst wenn ich Gewerbesteuer auf die Veräußerungsgewinne zahlen müsste, so könnte ich mir diese vollständig auf die Einkommensteuer anrechnen lassen und es entstünde keine Mehrbelastung.

Anders sieht es aus, wenn der Wohnsitz des gewerblichen Grundstückshändlers z.B. in Frankfurt wäre. Dort beträgt der Gewerbesteuerhebesatz 460%. Wie wird dann die Gewerbesteuer berechnet?

Berechnung der voraussichtlichen Gewerbesteuer

Gewerbeertrag (Veräußerungsgewinn)100.000€
- GewSt Freibetrag24.500€
Zu versteuernder Ertrag75.500€
  
Steuermesszahl 3,5%2.643€
Hebesatz Frankfurt 460%12.156€
von der Einkommensteuer abziehbar (bis 380%)10.042€
Definitive Belastung durch GewSt (=Ihre Belastung)2.114€

 

Ausgangspunkt ist immer die jeweilige zu verkaufenden Immobilie. Für diese wird erst geprüft, ob sich die Immobilie im Privatvermögen oder Betriebsvermögen befindet.

Wo lauern die Fallen?

Hier verweise ich nochmals darauf, dass man insbesondere bei

  • (ehemals) landwirtschaftlich genutzten Flächen,
  • selbst genutzten Wohnungen mit großen Arbeitszimmern oder
  • potentiell nicht erkannten Betriebsaufspaltungen

sehr sorgfältig mit dieser Prüfung umgehen muss.

Finanzbehörden prüfen bei Veräußerungen sorgfältig und stellen teilweise erst nach dem Verkauf fest, dass Betriebsvermögen vorgelegen hat. Die Übertragung von Betriebsvermögen in Privatvermögen (Entnahme aus dem Betriebsvermögen) – ob gewollt oder ungewollt – löst i.d.R. erhebliche steuerliche Konsequenzen aus. Dies geschieht i.d.R. ohne Änderung von Eigentumsverhältnissen und ohne Grundbuchumschreibung.

Insofern ist möglichst schon beim Erwerb darauf zu achten, ob die Immobilie Privatvermögen werden soll. Entsprechende Gestaltungen sind dann zu wählen. Wenn klar ist, dass es sich bei der jeweiligen Immobilie um Privatvermögen handelt, könnte für diese Immobilie eine steuerfreie Veräußerung, eine steuerpflichtige Veräußerung oder ggf. ein Objekt im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels vorliegen.

Grobe Übersicht zu privaten Immobilienveräusserungen  

Steuerfreie Veräußerung von Immobilien im Privatvermögen:

Zwischen Erwerb und Veräußerung liegen mehr als 10 Jahre. Für die Fristberechnung der 10 Jahre sind die Daten der obligatorischen Verträge, die jeweils beide Seiten binden, maßgeblich.

  • Ein notarielles Kaufangebot, das nur eine Seite bindet (Option), während der 10-Jahres-Frist ist unschädlich.
  • Verkaufsanstrengungen, die während der 10-Jahres-Frist nicht zu beidseitig bindenden Verträgen führen, z.B. ein Verkaufsangebot oder Maklerbeauftragung etc., sind unschädlich.
  • Beim unentgeltlichen Erwerb (z.B. Erbschaft, Schenkung) wird die Besitzzeit des Vorbesitzers angerechnet. Es gilt die Fußstapfentheorie.
  • Die Teilung eines Globalobjektes in Wohnungen nach WEG während der 10-Jahres-Frist ist keine Veräußerung oder Anschaffung.           

Ein Verkauf einer ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie ist auch innerhalb der 10-Jahres-Frist steuerfrei möglich, wenn dies im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

  • Kürzere Fristen als die im Gesetz genannten 2 Jahre + x führen auch dann zu einer steuerfreien Veräußerung, wenn die Immobilie während der gesamten Zeit ausschließlich eigenen Wohnzwecken diente und der kurzfristige Wiederverkauf plausibel erklärt werden kann, z.B. Arbeitsplatzwechsel, Scheidung, etc.
  • Eigene Wohnzwecke können auch für unentgeltliche Nutzung durch unterhaltsberechtigte Personen (z.B. Kinder) anerkannt werden.
  • Auch eine Zweitwohnung sowie eine nur selbst genutzte Ferienwohnung, dient eigenen Wohnzwecken und ist von der Steuerfreiheit umfasst.
  • Unbebaute Grundstücke dienen nie eigenen Wohnzwecken.
  • Vorsicht bei Arbeitszimmern. Diese dienen i.d.R. nicht eigenen Wohnzwecken und werden derzeit von der Finanzverwaltung anteilig steuerpflichtig behandelt. Hierzu sind aktuell Revisionsverfahren beim BFH anhängig.     

Wenn eine Immobilie des Privatvermögens nicht steuerfrei zu veräußern ist, ist zu klären, ob ein Zählobjekt i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels vorliegt und ob damit die Grenze von drei Zählobjekten innerhalb von 5 Jahren überschritten wird.           

  • Ein Zählobjekt liegt vor, wenn die Immobilie für den Wiederverkauf erworben wurde.
  • Bei sog. Großobjekten wird ebenfalls gewerblicher Grundstückshandel unterstellt.
  • Ein Zählobjekt liegt auch vor, wenn zwischen dem Erwerb und dem Verkauf weniger als 5 Jahre liegen.
  • Die 5-Jahres-Grenze ist keine starre Grenze. Es können weitere Indizien dazu führen, einen gewerblichen Grundstückshandel anzunehmen.
  • Im Einzelfall können auch Objekte, die außerhalb des Fünfjahreszeitraums, aber innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb oder Errichtung veräußert werden, in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen sein.
  • Garage oder Stellplatz gilt als eigenes Objekt, wenn dieses nicht im Zusammenhang mit der Wohnung veräußert wird.

Für Details zum gewerblichen Grundstückshandel wird auf das hierzu ergangene Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF Schreiben) vom 26.03.2004 verwiesen. Dort werden auch zahlreiche Ausnahmetatgestände erörtert. Das BMF hat als Anlage zu diesem BMF Schreiben folgendes Prüfschema für den gewerblichen Grundstückshandel veröffentlicht.

Bitte beachten Sie die beigefügte Grafik. Quelle: Bundesministerium der Finanzen
 

Prüfung der "Drei-Objekt-Grenze"

Entsprechend der folgenden Tabelle werden 26 Wohnungen im Jahr 2018 verkauft von einer Person, der diese im Privatvermögen hält, verkauft. In den letzten beiden Spalten wird geklärt, ob der Verkauf jeweils steuerpflichtig ist und ob Zählobjekte im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels entstehen.

  • Bei unentgeltlicher Übertragung (z.B. Erbe oder Schenkung) wird die Besitzzeit des Rechtsvorgängers angerechnet.
  • Die Teilung nach WEG ist keine Anschaffung oder Herstellung. Somit keine neue Fristberechnung – Voraussetzung: wirtschaftliche Identität der Immobilie.

In Summe liegen hier nur drei Zählobjekte vor. Somit insgesamt in 2018 bisher kein gewerblicher Grundstückshandel! Für zukünftige Verkäufe muss jeweils wieder erneut geprüft werden, ob sich die Anzahl der Zählobjekte erhöht und damit ggf. die 3-Objekt-Grenze gerissen wird.

Bitte beachten Sie die beigefügte Grafik.

Zusammenfassung 

Bei Immobilien im Privatvermögen besteht die Chance auf steuerfreie Veräußerungsgewinne, wenn man die 10-Jahres-Haltefristen überschreitet. Die Abgrenzung von steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäften und dem gewerblichen Grundstückshandel ist eine durchaus komplexe Thematik. Ob es tatsächlich steuerliche Relevanz hat, hängt dabei stark vom Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinde ab, von der aus der Steuerpflichtige seine Geschäfte betreibt, da bis zum Hebesatz von 380% eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer möglich ist.

Viel Erfolg!

Links
  • Vereinfachtes Prüfschema

  • "Drei Objekt Grenze"